In einem offenen Europa sorgen die Nachbarländer für einen ständigen kulturellen Austausch. Früher war das ganz anders, zum Beispiel in der Zeit des Eisernen Vorhangs, als viele Städte wegen ihrer Grenznähe ausgegrenzt wurden.
Konstanz: Sehenswerte Orte am Bodensee
Weg mit den Zäunen und Mauern! Dass Grenzen auch anders gestaltet werden können, hat der Konstanzer Johannes Dörflinger bewiesen, der 2007 mit 22 riesigen Tarot-Skulpturen die erste „Kunstgrenze“ der Welt geschaffen hat. Sie verlaufen direkt an der deutsch-schweizerischen Grenze und bringen die ohnehin schon engen Städte Kreuzlingen und Konstanz noch näher zusammen. Dank der Lage am Bodensee sind auch Österreich (und das weiter entfernt liegende Liechtenstein) mit der Fähre oder über den beliebten Bodensee-Radweg schnell zu erreichen und machen das Länderquartett komplett. Aber warum sollte man die größte Stadt am See verlassen, in der das Konstanzer Konzil 1417 sogar einen Papst wählte? Mit ihrer schönen Altstadt und den hervorragenden Museen gibt es viele Gründe zu bleiben. Und wenn Sie noch einen Grund suchen, die 193 Stufen zur Aussichtsplattform des Münsters hinaufzusteigen, ist der Blick auf den Rhein, die Alpen und den Bodensee einfach atemberaubend. Auch die nahe gelegene Blumeninsel Mainau sollte man sich aus der Nähe ansehen.
Gerlitz: wo Deutschland erwacht
Seit der Antike versucht die Menschheit, die Zeit zu bändigen. Ein solcher Versuch ist mit der östlichsten Stadt Deutschlands verbunden. Durch die Stadt verläuft der 15. Meridian an der Lausitzer Neiße, an den im Stadtpark eine Granitkugel erinnert. Genauer gesagt, wurde hier 1893 die einheitliche Zeitmessung im Deutschen Reich eingeführt: Die „Gerlitzer Zeit“, die Vorgängerin der Mitteleuropäischen Zeit (MEZ). Gerlitz ist bis heute die einzige Stadt, in der die Sonne genau um 12 Uhr mittags ihren Höchststand erreicht. Doch die Zeiten waren nicht immer sonnig, vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Stadt blieb zwar von Bombenangriffen verschont, aber nicht von der Teilung und wurde in zwei Teile geteilt, einen sächsischen und einen polnischen. Heute überqueren die Einwohner von Zgorzelec regelmäßig die Druschba-Brücke, und „Hollywood“ ist praktisch ein Wallfahrtsort für Hollywood-Regisseure wie Quentin Tarantino. Der Grund: die cineastische Altstadt mit ihren Renaissance-, Barock-, Gründerzeit- und Jugendstilfassaden. Zwischen den rund 4000 Baudenkmälern wurden bereits mehr als 100 Filme gedreht. Sie können auch ein paar Runden um die erste Kreisstraße der Welt drehen. Im Jahr 1899 waren die Gerlitzer ihrer Zeit wieder einmal voraus.
Saarbrücken: Bonbons und Barockbauten
Manche Rankings sind nicht umwerfend, aber schön. Auf jeden Fall gibt es eine Liste der „süßesten Städte Deutschlands“, die die meisten Bäckereien und Konditoreien pro 1000 Einwohner ausweist, und Saarbrücken ist ganz vorne dabei. Neben regionalen Klassikern wie der Krimmelkusche liegt das wohl auch an den vielen französischen Spezialitäten wie Eclairs und Millefeuille. Durch die Nähe zur französischen Grenze sieht man solche Gerichte immer häufiger in Cafés, vor allem auf dem zentralen St. Johannes-Platz. In jedem Fall liegt ein französischer Hauch in der Luft – was angesichts der wechselvollen Geschichte des Saarlandes verständlich ist. Eine Ansage: Einwohner, die vor 1945 geboren wurden, haben viermal ihre Staatsbürgerschaft gewechselt! Friedrich Joachim Stengel wurde schon viel früher geboren. Jahrhunderts gab er als Hofbaumeister der Fürsten von Nassau-Saarbrücken der mittelalterlichen Altstadtanlage an beiden Ufern der Saar ein barockes Gesicht, das die Stadt bis heute prägt. Die historisch bedeutsame Ludwigskirche neben dem Saarbrücker Schloss ist ein echter Blickfang und bildet mit den umliegenden Schloss- und Beamtenhäusern ein einzigartiges Ensemble.
Aachen: Geschichtsträchtig im Dreiländereck
Lüttich und Maastricht sind nur einen Katzensprung entfernt – auch ein Spaziergang im nahe gelegenen Nationalpark Eifelsheim verschafft Ihnen mehr Zeit. Die Auswahl an Ausflugszielen ist groß, wobei der 322 Meter hohe Waalserberg besonders beliebt ist. Geschichtsinteressierte kommen in einer Stadt, die auch für ihre jahrtausendealte Bädertradition bekannt ist, voll auf ihre Kosten: vom historischen Rathaus bis zum klassischen Elisenbrunnen. Karl der Große, der als König des Fränkischen Reiches und Römischer Kaiser eine Epoche prägte, hat viele Spuren hinterlassen. Aachen war nicht nur die Lieblingspfalz des damals mächtigsten Mannes Europas – hier wurde er auch in einem prächtigen Schrein inmitten des imposanten Aachener Doms beigesetzt. Zusammen mit der angrenzenden Domschatzkammer, die als bedeutendste Kirchenschatzkammer nördlich der Alpen gilt, wurde sie als erstes Denkmal auf deutschem Boden zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt.