Städte mit einer industriellen Geschichte

Gebäude

Die industrielle Revolution hat im 19. Jahrhundert vieles verändert, manchmal sogar das Gesicht ganzer Städte. Und viele Industriestandorte haben sich seit dem Ende der Kohle- und Stahlproduktion neu gewandelt und sind stattdessen zu Freizeitzentren, Kunstorten und Museen geworden.

Völklingen: Hochöfen verschwunden, Kultur wiederbelebt

Vor sechs Jahrzehnten war das Völklinger Stahlwerk auf seinem Höhepunkt. Plötzlich war es das Ende einer Ära. Vielleicht ist das nicht ganz richtig. Denn das einzige vollständig erhaltene Stahlwerk der Welt aus dem goldenen Zeitalter der Industrialisierung hat sich zu einer führenden kulturellen und touristischen Attraktion entwickelt. Wo vor 35 Jahren noch die Luft vor Hitze flirrte, finden heute klassische Musikkonzerte und Elektrofestivals statt, werden Kunstausstellungen veranstaltet und Streetart-Profis aus aller Welt ermutigt, sich auszudrücken, zum Beispiel bei der UrbanArtBiennale. Zu den ständigen Attraktionen der UNESCO-Welterbestätte gehört eine Multimediashow in der alten Schmiede Ferrodrom mit rund 100 Experimentierstationen und einer 27 Meter hohen Hochofenbühne. Von dort aus hat man einen erstklassigen Blick auf das „Paradies“, den riesigen neuen Landschaftsgarten, sowie auf die charmante Innenstadt von Völklingen auf der anderen Seite der Saar.

Dortmund, Essen und mehr: der Pott im Wandel

Tauchen Sie ein in einen ehemaligen Gaszähler, radeln Sie mit dem Mountainbike durch eine Halde oder besuchen Sie ein Open-Air-Kino am Fuße majestätischer Hochöfen. In der Region Rhura, die wie keine andere Region in Europa lange Zeit von der Kohle- und Stahlproduktion geprägt wurde, gibt es viel Kreativität, wenn es darum geht, ehemalige Industriestandorte umzugestalten. Andere Areale, wie der Industriekomplex Zeche Essen, der größte und modernste Steinkohlebergbau der Welt und UNESCO-Weltkulturerbe, sind vollständig erhalten geblieben. Wie die benachbarte Schurenbachhalde, die Bochumer Jahrhunderthalle oder die DASA-Arbeitswelt liegt sie an der Route der Industriekultur, die die besten Industriestandorte des Potts miteinander verbindet. Auch die Zeche Zollern in Dortmund, die wegen ihrer ikonischen Maschinenhalle den Spitznamen „Schloss der Arbeit“ trägt, liegt an dieser Route. Ein weiterer Geheimtipp ist die Kokerei Hansa im Stadtteil Hukkarde, deren Kompressorenhaus und Spiralturm bei einer Fackelführung in ein ganz anderes Licht gerückt werden.

Berlin: bunt, kreativ, cool

Die deutsche Hauptstadt hat in ihrer fast 800-jährigen Geschichte viele grundlegende Veränderungen erlebt, die das Stadtbild geprägt haben – erkunden Sie die preußische Architektur, den Bau der Mauer und das Regierungsviertel mit dem Reichstag. Eine besondere Blütezeit erlebte die Spreemetropole um 1920, als „Groß-Berlin“ zur größten Industriestadt Europas aufstieg. Heute ist das nicht mehr der Fall, aber es gibt ein faszinierendes neues Leben für ehemalige Fabriken, Industriehöfe und Industriegelände. Wo früher geschweißt und montiert wurde, gibt es heute Start-ups, Künstlerateliers, Theater usw. Manchmal werden auch Tech-Clubs und Restaurants zu neuen Mietern in diesen ehemaligen Industriegebäuden. Wo früher in der KulturBrauerei am Prenzalauer Berg Bier gebraut wurde, gibt es heute viel Kultur in einer wunderschönen Umgebung. Ein weiteres gut erhaltenes Stück Industriearchitektur ist das ehemalige AEG-Werksgelände. Faszinierend sind die historischen technischen Anlagen und Fotografien, die im Industriesalon Schöneweide zu sehen sind.

Chemnitz: immer im Trend

Die Stadt am Nordrand des Erzgebirges im sächsischen Dreiländereck mit Leipzig und Dresden war lange Zeit ein Schöpfer und Produzent. Der Maschinen- und Motorenbau und vor allem die Textilindustrie haben geboomt. Um 1850 gab es in Chemnitz, das den Beinamen „Sächsisches Manchester“ erhielt, rund 150 Fabriken. Auf dieser Grundlage entwickelte sich ein enormer Reichtum an Kunst- und Architektursammlungen, von denen jedoch ein Großteil im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Die nächste Seite in der Geschichte der Stadt brachte die Merkmale einer sozialistischen Musterstadt mit sich: breite Alleen, großzügige Plätze und getäfelte Häuser. Dann kam ein (neuer) Wendepunkt: Der Name „Karl-Marx-Stadt“ verschwand, nicht aber die Stadt. Das Karl-Marx-Denkmal – mit 2 x 13 Metern Höhe die zweitgrößte Porträtbüste der Welt. Und südlich des Theaterplatzes, der mit Oper, König-Albert-Museum und Peterskirche ein starkes architektonisches Ensemble ersten Ranges bildet, folgten nach der Wiedervereinigung Bauten wie das gläserne Kaufhof-Palais von Helmut Jahn. Seine Fassade erinnert an das Neue Rathaus von 1911 sowie an das Alte Rathaus, das auf die Renaissance zurückgeht.